Zu den ältesten medizinischen Eingriffen überhaupt zählt die Eröffnung des Schädels
Über 10.000 Jahre alt sind paläoanthropologische Funde, die auf eine verheilte Schädeltrepanation (Eröffnung des Schädels) hinweisen. Vernarbungen weisen bei den Funden darauf hin, dass Patienten den Eingriff überlebt haben. Zunächst erfolgte dieser Eingriff mit Hilfe von Werkzeugen aus Stein. Später mit Klingen oder Sägen aus Metall. Bis heute haben sich diese Techniken bei Stämmen von Völkern in Afrika und Südamerika erhalten. Wissenschaftler gehen davon aus, dass diese Art Eingriffe aufgrund von starken und andauernden Kopfschmerzen sowie traumatischen Schädelfrakturen durchgeführt wurden. Auch waren Rituale Anlass für diese „neurochirurgischen“ Eingriffe. Kaum zu glauben, dass die moderne Neurochirurgie am Diakonie Jung-Stilling Krankenhaus in Siegen in der Region Köln / Bonn hier ihren Ursprung hat.
Moderne Neurochirurgie seit dem 19. Jahrhundert
Entwicklung der modernen Neurochirurgie: Eine funktionierende Anästhesie, Asepsis (Keimfreiheit) sowie die Möglichkeit, Hirnareale funktionell zu lokalisieren waren allerdings erst im 19. Jahrhundert gegeben. Vor allem Ärzte (Chirurgen und Neurologen) aus Deutschland und England zählen zu den Pionieren der Neurochirurgie. Als einer der ersten Ärzte beschäftigte sich der Chirurg Ernst von Bergmann intensiv mit der „Chirurgie des zentralen Nervensystems“. Auf ihn ist die erste neurochirurgische Publikation „Die chirurgische Behandlung von Hirnkrankheiten“ aus dem Jahr 1887 zurückzuführen.
Weitere neurochirurgische Meilensteine gingen im 20. Jahrhundert von Amerika aus. Im Jahr 1920 wurde erstmals eine „Society of Neurological Surgeons“ in den USA gegründet. Sechs Jahre später wurde in England die Gesellschaft für Neurochirurgie in Europa ins Leben gerufen. Im Jahr 1956 wurde schließlich in allen deutschen Bundesländern der Facharzt für Neurochirurgie eingeführt. Der US-amerikanische Neurologe und Chirurg Harvey Cushing gilt als Begründer der modernen Neurochirurgie. Auf ihn ist die erste Schule für Neurochirurgie zurückzuführen. Die erste neurochirurgische Abteilung in Deutschland wurde Anfang der 30er Jahre in Würzburg gegründet, der Heimatstadt von Prof. Dr. Veit Braun.
Großer Stellenwert: Neurochirurgische Klinik am Diakonie Klinikum Siegen
Einen großen Stellenwert genießt die Neurochirurgische Klinik am Diakonie Jung-Stilling-Krankenhaus in Siegen, in der Patienten vor allem aus der Großregion Köln / Bonn aber auch zahlreiche Patienten aus dem gesamten Bundesgebiet und aus dem Ausland behandelt werden.
Technische Entwicklungen der Mikrochirurgie
- Das OP-Mikroskop in den späten 50er Jahren des 20. Jahrhunderts
- Einführung der Computertomografie (CT)
- Einführung der Kernspintomografie (MRT)
verhalfen der modernen Neurochirurgie zum einem weiteren Entwicklungssprung. Echtzeitbilder während der Operation, präzise, computergestützte Instrumentenführung wurden durch nicht-invasive therapeutische Möglichkeiten ergänzt.
Die Neurochirurgie Siegen kann auf einen hochmodern ausgestatteten Hybrid-OP zurückgreifen
Die Errungenschaften der modernen Neurochirurgie finden in gut ausgestatteten Kliniken in sogenannten Hybrid-OPs Anwendung, so auch in Siegen. Der Name entspringt der Nutzung radiologischer Geräte direkt im OP, das heißt Diagnostik und Therapie können zeitgleich stattfinden. Der Patient muss dazu weder umgelagert werden noch den Raum wechseln.
Im etwa 80 Quadratmeter großen Siegener Hybrid-OP sind sogar hochkomplexe Operationen möglich, die die Anwesenheit mehrerer Spezialisten verschiedener Fachrichtungen erfordern. Einigen Raum nehmen selbstverständlich auch die Hightech-Geräte ein. Dazu gehören Rechner, Monitore und weitere Geräte für die Neuronavigation, die die dreidimensionale Orientierung und das Operieren innerhalb des Körpers ohne direkte Sicht erlaubt, etwa im Gehirn. Eine der Grundlagen dafür sind bildgebende Befunde der zu operierenden Region. Sie werden mit dem im OP befindlichen Patienten korreliert.
Das Arbeiten im Hybrid-OP erlaubt die erneute Bildaufnahme während der Operation. Wird etwa Tumorgewebe im Gehirn entfernt, verlagert sich das verbleibende Hirngewebe. Die präoperativen Bilder sind also nicht mehr korrekt. Aktualisierte Bilder erlauben ein präziseres Weiterarbeiten. Die Schädigung gesunden Gewebes wird so reduziert und die Funktionsfähigkeit des Gehirns so gut wie möglich erhalten.
Der Hybrid-OP in Siegen verfügt außerdem über hochmoderne Angiographie-Geräte zur Gefäßdarstellung, die mit geringerer Strahlung arbeiten und mit weniger Kontrastmittel auskommen. So wird der Körper der Patienten nicht unnötig belastet. Die Geräte können rund um den Körper frei positioniert werden und jederzeit aussagekräftige Live-Bilder liefern.
Hightech-Medizin in der Neurochirurgie hat für Patienten viele Vorteile
Minimalinvasive OP-Verfahren und Hightech-Ausstattung im Hybrid-OP sorgen dafür, dass Operationswunden möglichst klein bleiben. Das hat den Vorteil, dass sie rascher heilen und die Patienten weniger Schmerzen erleiden müssen. Auch benötigt die Operation weniger Zeit und die Komplikationsrate kann geringgehalten werden.
Im Hybrid-OP kann jederzeit auf eine offene große Operation umgeschwenkt werden, falls dies erforderlich sein sollte. Die Sicherheit der OPs lässt sich übrigens zusätzlich durch eine vorherige Simulation steigern. Hierfür werden die präoperativen Bildbefunde des Patienten genutzt, die durch eine Mustererkennungs-KI in kürzester Zeit zu einer extrem realitätsnahen 3D Rekonstruktion des Patientengehirns berechnet werden, welche dann mittels augmented reality Brillen nicht nur von allen Seiten, sondern sogar von innen heraus betrachtet werden kann Im Op werden diese Daten im Mikroskop als head up display eingeblendet und kommen während der OP in der Neuronavigation zum Einsatz.. So können schwierige Eingriffe im Vorfeld geprobt werden.
Hygienisches Arbeiten im Siegener Hybrid-OP wird neben leicht zu reinigenden Glaswänden durch eine Laminar-Airflow-Anlage unterstützt. Sie sorgt für einen kontinuierlichen Strom keimfreier Luft von der Decke herab. In den Raumecken wird die Luft dann wieder abgesaugt. Die Gefahr, dass Keime während der OP in den Körper gelangen, wird damit weiter reduziert. Infektionen gehören ansonsten zu den häufigsten postoperativen Komplikationen.
Die Neurochirurgie hat in den vergangenen Jahrzehnten gewaltige Fortschritte gemacht und die Forschung geht weiter. So sicher wie heute konnten insbesondere Gehirnoperationen nie zuvor erfolgen. „Durch das präzise Arbeiten in unserem Hybrid-OP können funktionell bedeutende Bereiche im Gehirn geschont werden, etwa das Sprachzentrum. Und manche Eingriffe sind erst durch die moderne Technik durchführbar“, bemerkt Prof. Veit Braun.
Diakonie Neurochirurgie in der Region Köln – Bonn bietet das gesamte Spektrum
Die Neurochirurgie am Diakonie Klinikum Jung Stilling in Siegen bietet das gesamte Spektrum moderner Neurochirurgie. Nahezu 2.000 Operationen werden pro Jahr in den technisch modern ausgestatteten Operationssälen durchgeführt. Dem erfahrenen und hochkompetenten Ärzteteam stehen unter anderem Neuronavigation, Fluoreszenz, 3D-Bildwandler und Neuromonitoring zur Verfügung. Darüber hinaus bietet die Neurochirurgie in Siegen eigene Zentren für Erkrankungen peripherer Nerven, Wirbelsäulenoperationen und Kinder-Neurochirurgie mit jeweils spezialisierten Fachärzten. Das Team um Chefarzt Prof. Dr. Veit Braun nimmt sich für jeden Patienten Zeit, um gemeinsam eine optimale Therapie für ein gesundheitliches Problem zu finden.
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